Fandom, die Rechnung bitte!
Es mag manchmal offensichtlich sein, aber unter Umständen (oder grundsätzlich) auch nicht: das Fandom.
Ich mach keinen Hehl draus, dass ich Perry Rhodan Fan bin. Ich lese und schreibe darüber – gehe auf Stammtische hier in NRW und treffe Leute, unterhalte mich mit ihnen über das Thema Perry Rhodan und das sonstige Perryversum. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und schreibe hier: Ja, in der nächsten SOL (das größte, deutsche Perry-Rhodan-Fanmagazin!) wird auch etwas von mir abgedruckt – aber ich schweige hier solang die Redaktion keine Informationen über Ausgabe 88 rausgibt.
Ein wenig “Vereinsleben” gehört doch zu jedem irgendwie ernst gemeinten Hobby. Kollektives “Abnerden” – also in einem Thema in Details gehen, die uninteressierte Laien für eine Wissenschaft in sich halten – ist doch keine Seltenheit. Seien es nun technische Errungenschaften in Perry Rhodan oder die Rätsel, die uns die Autoren in den Heften präsentieren. Es mag interessant sein, aber spätestens wenn man sich im Kreis dreht wird es – zumindest für mich – langweilig. Ich habe ja die ersten 14 % von Perry Rhodan schon gelesen (und ich schlage mich wacker durch die weiteren Hefte der Klassik-Serie). Aber es bedarf halt seine Zeit sich durch den Berg an Schinken zu wühlen, der sich in den letzten 56 Jahren aufgetürmt hat. Zumal ich nebenbei ja auch noch andere Bücher lese, und auch noch andere Hobbies und Interessen habe – ganz zu schweigen von meinen Freunden, die ich hier auch noch erwähnt wissen will.
Und es gibt noch die Art von Hobby, welches eigentlich eine Erklärung braucht: Fandom. Oder wie ich es auch gern nenne: Faible. Weil es besser ausdrückt, was Fandom eigentlich ist. Aber andere Menschen glauben, man muss dieses Faible irgendwie rechtfertigen. Weil einem ansonsten Spott und Häme entgegenschlägt – oder Unverständnis. Weil andere Menschen sich dann plötzlich als “bessere Person” betrachten, weil sie sich nicht “solchem Unsinn” hingeben und “Geldverschwendung” murmeln. Sei es irgendetwas zum Sammeln (Puppen, Engel, Paninibildchen, Ü-Eier …) oder “seltsame” Hobbies pflegen (Murmeln, Hirschrufen, Schneckenwettrennen …), die auf den ersten Blick nicht spannend sind.
Viele Menschen nennen alltägliche Hobbies ihr eigen: Sei es Fußball, Kochen, Reisen, Wandern, Camping, Grillen oder künstlerische Hobbies wie Malen, Musizieren oder Basteln. Darüber kann man sich gut drüber unterhalten auch wenn man das Hobby nicht teilt. Aber muss dagegen ein Faible verfemt sein? Nur weil jemand denkt, dass es nicht passt? Oder es sei unangebracht? Zur Person, zum Charakter? Als Mann, als Frau? Zur Gesellschaft? Unwürdig als Erwachsener??? Denkt mal drüber nach.
Aber Menschen machen es immer irgendwie persönlich. Weil es seltsam ist. Weil sich ihre Gedanken darum drehen, wie Mensch X und Thema Y zusammen passt. Weil es (für ebenjene) lustig ist. Weil es nicht in ihr Weltbild passt. Weil… es von ihnen selbst ablenkt? Weil vielleicht erkannt wird, wie unspannend und langweilig das eigene Leben ist? Partner, Hund und Kind füllen das eigene Leben aus? Vielleicht hat man ja Zeit zum Lesen oder Musizieren? Aber Wandern wär doch auch mal wieder schön! Ok, was brauch ich alles…. Babysitter, Telefon für die Erreichbarkeit beim Notfall, dann kram ich mal meine Wanderschuhe raus… und da ist sie – die vielleicht “normale” aber doch etwas triste Realität. Sie lässt nicht los, macht aber Spaß. Ja. Es sind Standard-Hobbies und Standard-Probleme: Wie viel nehm ich mit? Wasser oder Apfelschorle? Welche Snacks? Und so weiter…! Standard-Routen, Standard-Fotos, Standard-Sonnenuntergänge…
Es gibt Menschen, die wollen “zwanghaft erwachsen” sein und solche die dieses “erwachsen sein” gelernt haben. Sie definieren für sich, bestimmte Sachen dürfen sie nicht mehr für gut befinden, weil sie erwachsen sind. Sagte schon Papa. Oder sie sagen sich, dass es gut ist, alte Sachen – Ballast – aus dem Leben zu werfen. Sagte schon Mama. Und kümmern sich im folgenden nicht mehr um ihren persönlichen Spaß. Das wird dann im besten Fall kopfschüttelnd ignoriert, weil sie ja Besseres zu tun haben. Das Kind geht vor. Der Hund geht vor. Ja, der treue Vierbeiner, um den man sich kümmern muss, weil – man hat ja keinen Garten… (naja, je nachdem wie viel Geld man hat, right?)
Einen Faible zu haben, oder wie es andere eher ausdrücken: einem Fandom angehören -, heißt ja nicht, dass es das Leben bestimmen muss. Es ist die Farbe des Lebens. Der Farbtopf um den Honig im Herzen einzufärben – und die Menschen, welche einen Schlüssel zum Herzen besitzen, sorgen dafür, dass der Honig immer süß bleibt und reichlich vorhanden ist! Wie Bienchen schwirren sie hin und her, bringen die Sorgen weg und dafür Nektar zurück. Dass der Honig dann wie ein Regenbogen ausschaut, müssen die ja nicht wissen, oder?
Aber wehe, man macht mal die Tür dahinter zu weit auf, dann wird die Rechnung präsentiert von: der Gesellschaft, wie sie in ihrer zwanghaften Art die Assimilierung fordern. Wie Varroa-Milben nesten sie sich ein und dann wird im Gruppenzwang lustig gemacht, was für lustig gehalten wird. Oder beschimpft, was für obszön gehalten wird. Oder beklascht, was für interessant gehalten wird. Oder polarisiert, was für “das Beste” gehalten wird. Oder hinter dem Rücken geplauscht, was für ein “langweiliges” oder “kindisches” Hobby oder Fandom das doch sei.
Das ist die Krankheit, die uns Menschen befällt – was für die Bienen die Varroa-Milbe ist, das ist für die Menschen der Gesellschaftsdruck. “Was sollen denn die Leute denken?” – das Totschlag-Argument schlechthin. Eine eingebildete Krankheit, die einem schon als Kind indoktriniert wurde. Sich der Ansicht der Gesellschaft beugen, damit man ein gutes Leben leben kann. Frei von Kritik. Frei von allem Verrückten! Bloß nicht anders sein! Wir sehen es ja schon, wie ich es oben beschrieben habe: Menschen können verletztend sein, wenn sie auf etwas treffen, was nicht ihrem indoktrinierten Denken entspricht.
In den 70er Jahren war das “Perry Rhodan”, ein Skandalheft, welches die Kinder gefährdet. Aber es ist mittlerweile harmlos. Nichts “Outing-würdiges”. Oder DSA (Das Schwarze Auge) in den 80er Jahren, das die Psyche der Heranwachsenden in Gefahr bringt. Hahaha, ich lache. Beides ist mittlerweile etabliert. Eigentlich regt sich niemand mehr darüber auf. Und selbst der “satanistische Einfluss” aus Michael Ende’s Büchern wird nicht mehr thematisiert…
Das Fandom – so stelle ich fest – wird also irgendwann “erwachsen”. Ob ich nun weitere 10 oder 20 Jahre warten muss, bis “MyLittlePony” akzeptiert wird, ist mir an der Stelle egal. Währenddessen habe ich tolle Musik (die andere verpassen) und Spaß auf den Brony-Stammtischen NRWs.